26.11.18 11:40
„Die politische Erklärung bietet eine solide Grundlage, um in der Übergangsphase die künftigen Beziehungen zum beiderseitigen Vorteil auszugestalten. Als Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten haben wir uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass Großbritannien auch in Zukunft nicht hinter heutige EU-Standards für den Umwelt- und den Arbeitnehmerschutz zurückfallen darf und sich im Kampf gegen Steuervermeidung und –betrug engagieren muss“, sagt Jo LEINEN, verfassungspolitischer Sprecher der Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten im Europäischen Parlament. „Die Erklärung ist allerdings hinfällig, wenn das Austrittsabkommen nicht in Kraft treten kann. Das Europäische Parlament wird diesem Austrittsabkommen zustimmen.“
„Es hängt jetzt alles von der Entscheidung des britischen Unterhauses Anfang Dezember ab. Wenn die Abstimmung scheitert – und danach sieht es derzeit aus – gibt es nur zwei Möglichkeiten“, so Jens Geier, Vorsitzender der Europa-SPD und stellvertretender Vorsitzender des Haushaltsausschusses im Europäischen Parlament: „Es wird einen ungeordneten Austritt geben. Ein harter Brexit wäre eine Katastrophe mit Konsequenzen, die heute kaum abzusehen sind. Ab Tag 1 nach dem Austritt hätten britischen Universitäten, Studierende, Landwirte keinen Anspruch mehr auf europäische Fördermittel. Die EU würde zunächst auf Rechnungen in Milliardenhöhe sitzenbleiben, die die übrigen Mitgliedstaaten begleichen müssten. Dabei geht es vor allem um die Finanzierung von bereits bewilligten Projekten in der Forschung und der Infrastruktur, die von der EU noch während der Mitgliedschaft Großbritanniens zugesagt worden sind.“
„Oder wir verhandeln im Eiltempo über eine Rücksetzung des britischen Status, der dann vergleichbar wäre mit Norwegen oder Island“, sagt Jens Geier. „Der Großteil der Europapolitikerinnen und Europapolitiker würde das politisch ermöglichen wollen, wenn wir damit vermeiden können, die Beziehungen mit Großbritannien nicht vollkommen abzubrechen. So oder so: Aus europäischer Sicht ist klar, dass es nun um die Wahl der besseren von zwei schlechten Optionen geht. Der Brexit ist in jedem Fall ein katastrophaler politischer Fehler.“
Eine Verlängerung der Austrittsfrist nach Artikel 50 der Verträge hält der SPD-Verfassungsexperte Jo LEINEN für ausgeschlossen: „Der Brexit ist ein ursprünglich von David Cameron wegen innenpolitischen Ambitionen herbeigeführter Unfall, der seit Jahren wichtige Ressourcen in der EU bindet, 28 Regierungen beschäftigt und so von tatsächlichen Herausforderungen ablenkt. Es gab ausreichend Zeit für Verhandlungen, die von der britischen Seite immer und immer wieder verschleppt wurden. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Staats- und Regierungschefs der EU einer Verlängerung mit der nötigen Einstimmigkeit zustimmen würden. Großbritannien müsste in solch einem Fall auch an den Europawahlen im Mai 2019 teilnehmen, was ich weder für politisch vertretbar noh für technisch umsetzbar halte.“