Theresa May beantragt Verschiebung
„Eine Verschiebung des Austrittsdatums auf den 30. Juni löst nicht das Grundproblem im Brexit-Schlamassel, nämlich, dass es nach wie vor an einer britischen Linie fehlt, die von einer Mehrheit im Unterhaus getragen wird. Vor diesem Hintergrund geht auch die Diskussion in London, ob und unter welchen Bedingungen im Unterhaus erneut über den Deal abgestimmt werden kann, an des Pudels Kern vorbei“, kommentiert der SPD-Europaabgeordnete Jo LEINEN, Sprecher der europäischen Sozialdemokraten im Verfassungsausschuss (AFCO), den von Premierministerin Theresa May eingereichten Antrag auf eine Verlängerung der Brexit-Frist bis zum 30. Juni.
„Der Sinn der Verlängerung kann nur darin bestehen, dem Vereinigten Königreich Zeit für die formale Ratifizierung des Austrittsabkommens zu verschaffen. Theresa May bleibt jedoch die Antwort schuldig, warum die Abgeordneten in London den gleichen Deal, den sie schon zwei Mal abgelehnt haben, beim dritten Mal annehmen sollten“, sagt Jo LEINEN. „Sollten die Staats- und Regierungschefs der Verlängerung zähneknirschend zustimmen, müssen sie deutlich machen, dass es sich nicht um einen Freibrief handelt und die EU27 ihre Entscheidungsfreiheit verteidigen wird.“
„Nach britischem Recht müssen für die ordnungsgemäße Teilnahme des Vereinigten Königreichs an den Europawahlen bis zum 12. April die Wahllisten feststehen. Sollte das Austrittsabkommen bis dahin nicht durch das Unterhaus gehen, muss London sich entscheiden, ob es eine Verlängerung über einen längeren Zeitraum anstrebt und an den Wahlen teilnimmt oder, ob es ohne Abkommen aus der EU-Austritt. Ansonsten besteht das Risiko, dass Großbritannien zum Beginn der neuen Legislaturperiode am 2. Juli ohne gewählte Abgeordnete weiterhin Mitglied ist, was zu einer Lähmung der Europäischen Union führen könnte“, so LEINEN.
„Ein längerer Brexit-Aufschub wäre nur unter engen Bedingungen denkbar. Insbesondere muss die EU27 eigenständig über wichtige Fragen wie den Finanzrahmen für 2021 – 2027 entscheiden können. Die Gefahr, dass Großbritannien Richtungsentscheidungen in der Europapolitik für die Brexit-Verhandlungen missbraucht, muss durch rechtssichere Abmachungen gebannt sein“, sagt Jo LEINEN abschließend.